"Jó Tag"
Was war es denn nun…guten Tag oder jó napot?... einigen wir uns auf „Jó Tag“!
Liebe Tierfreunde,
ich schwankte nicht nur zwischen zwei Kulturen, sondern auch zwischen zwei Sprachen. Mein Name ist Julia(21) und ich studiere in Frankfurt am Main Linguistik. Was dies mit der Pfotenhilfe Ungarn e.V. zu tun hat ist ganz einfach. Ich habe die Tierpfleger einen Monat lang begleitet und ihnen Deutschunterricht gegeben.
Es war nicht nur die Sprachbarriere, welche eine Herausforderung darstellte, es war auch die Tatsache, dass ich selbst irgendwann durcheinander kam. Ein Monat, in dem fast jeder um einen herum Ungarisch spricht, prägt einen doch mehr als ich dachte. Ich war überrascht, wie viel ich doch von der Sprache mitnehmen konnte, ohne in dem Sinne Unterricht gehabt zu haben. Ich hörte einfach zu und steckte von Tag zu Tag immer mehr Puzzlesteine in meinem Kopf zusammen, bis ich tatsächlich irgendwann ein bisschen was verstand.
Mein Konzept, den Unterricht zu gestalten war gleichzeitig simpel wie sicher. Vokabeln, Vokabeln, Vokabeln. Nun konnte ich nicht erwarten, dass meine Kursteilenehmer jeden Abend mit Karteikarten büffeln, also lernten wir die Wörter zusammen. Der Schlüssel dessen sind viele Gespräche und Praxisübungen, quasi am lebenden Objekt. Sie mussten wichtige Floskeln lernen, wie zum Beispiel die Charaktereigenschaften eines Hundes zu beschreiben, ein Grundvokabular zur allgemeinen Verständnis aufbauen und vor allem das Tier rein äußerlich benennen zu können.
Ein Punkt, der mich jedoch anfangs schon sehr beschäftigt hat, ist der, dass es als unhöflich gilt, wenn ein Mann einer Frau zuerst die Hand hinhält. Umgekehrt wiederum ist es kein Problem und beim gleichen Geschlecht eh nicht. Die Stellung zwischen Mann und Frau ist deshalb etwas fragwürdig, beziehungsweise teilweise nicht so ausgeglichen, wie es in Deutschland der Fall ist.
Ansonsten habe ich etwas Zeit gebraucht, bis ich mich an die viel zu dick geschnittenen Weißbrotscheiben und deren Konsistenz gewöhnt habe. Die würzige Salami hingegen würde eine absolute Bereicherung für den Deutschen Metzer darstellen und ich konnte mich an den unzähligen Sorten gar nicht mehr satt sehen, beziehungsweise nicht mehr satt essen.
Dieser Kölykök(Welpe) gehört mit seinen 8 Geschwistern zu den Hunden, die im August per Kaiserschnitt im Tierheim geholt wurden. Man hat lange um ihr Leben und das Ihrer Mutter gebangt, doch alle haben es überstanden.
Ich streichelte erst die Mutter und hielt ihr meine Hand zum Schnüffeln hin, bis ich letztendlich einen ihrer Welpen halten durfte.
Doch es waren nicht die Hundewelpen, die im Tierheim meine volle Aufmerksamkeit bekamen. Es gab anderes, was ich viel spannender fand.
Ich durfte bei Kastrationen zugucken. Es faszinierte mich sehr, wie sich die Ärztin im Inneren der Hunde auskannte, geschweige denn die inneren Organe überhaupt auseinander halten konnten.
Für mich als Laie sah alles irgendwie sehr ähnlich aus und ich hätte ständig Angst, den Hund ernsthaft zu verletzen, wenn ich bei einer Sterilisation die Gebärmutter einer Hündin ertasten müsste, um an die Eierstöcke zu gelangen.
Die Tierärztin verstand Englisch und erklärte mir viel. Es war sehr interessant und nach der dritten Operation, die ich mir angeschaute, hatte ich mich auch schon an den Geruch des sterilen Raumes und des Hundeblutes gewohnt.
Trotz der ganzen Faszination der Tiermedizin gegenüber bleibe ich lieber bei der Linguistik! Angucken? - Auf jeden Fall, aber selbst Tiere operieren?-Das überall ich doch lieber den Profis in Kecskemét!
Wenn man schon für einen Monat in Kecskemét wohnt, dann muss man natürlich auch mal nach Budapest fahre. Die Strecke ist wie aus dem Bilderbuch: eine Stunde stumpf geradeaus fahren.
Man hört zwar immer von allen Seiten, Budapest sei eine sehr schöne Stadt, dies ist aber um Weiten untertrieben! Budapest ist wundervoll! Unzählige alte Häuser mit gigantischen Decken und Stuck schmücken die Hauptstadt Ungarns.
Die Fassaden sind unheimlich detailreich. Man sieht immer mal wieder eine Statur, Giebel, kitschige Balkone, Erker und Mansarden, gegliedert durch Fensterbänder und umrandet von Säulen.
Antikisierende Details ließen mich immer wieder kleine Geschichten zu den einzelnen Gebäuden erfinden. Hier kam meine Liebe zur Architektur zum Vorschein, welche ich schon im Oberstufen-Kunstkurs entdeckte. Diese Spannungsverhältnisse zwischen Eigenwertigkeit und ästhetischer Wertigkeit ließ mich alleine kaum vorankommen.
Um die Worte in Bilder zu fassen:
Im Großen und Ganzen war das Projekt eine Herausforderung. Von dem einen auf den andern Tag in ein fremdes Land zu kommen, um dort einen Monat zu Recht zu kommen…das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Aber im Grunde hatte ich immer Gabor an meiner Seite, der mir mit Rat und Tat bereit stand und mir eine große Hilfe war.
Ich hoffe meine Schüler konnten etwas von dem Deutschunterricht mitnehmen und dass sie vor allem alleine weiter daran arbeiten werden, damit das Erlernte nicht aus dem Kopf verschwindet.
Im dem Sinne: Szia!